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'Martinsgespräch' der DiAG IDA im Haus der Caritas mit Dr. Thomas Wagner und Heinz-Josef Kessmann

"Zwischen Ökonomie und Ethik"

Dr. Thomas Wagner, Oskar Knops, Heinz-Josef Kessmann, Gerold KönigAuch wenn die beiden Referenten des Martinsgespräches das Spannungsverhältnis zwischen Ökonomie und Ethik von unterschiedlichen Standpunkten betrachteten, in einem Punkt waren sie sich einig: Ohne materielle Ausstattung durch den Sozialstaat und ohne wirtschaftliches Verhalten mit gesicherter Qualität geht es nicht.

Dr. Thomas Wagner vom Oswald von Nell-Breuning-Institut für Wirtschafts- und Gesellschaftsethik der Hochschule St. Georgen in Frankfurt, nahm die gesamtgesellschaftlichen Fragen - die hinter dem Umbau des Sozialstaats stehen - in den Blick und betonte: "Es geht um soziale Gerechtigkeit in unserer Gesellschaft." Kritisch betrachtete er die Tatsache, dass mit den neuen Sozialgesetzen immer stärker das Verhalten des Einzelnen und nicht mehr die Verhältnisse in unserer Gesellschaft in den Mittelpunkt gelangen. Dies führt zu einer "Erziehung zur Selbststeuerung durch Exklusionsandrohung". Frei übersetzt: Wer nicht spurt, fliegt raus, verspielt seine Möglichkeiten zur Teilhabe. Dies führt zur Entsolidarisierung und Entpolitisierung der Gesellschaft. Gleichzeitig erleben die Träger der sozialen Einrichtungen einen enormen Zwang zur sozialwirtschaftlichen Modernisierung. Wagner empfahl vor diesen Szenarien: "Die Caritas braucht eine Weiterentwicklung der Anwaltschaft. Die bewährten Elemente der individualpolitischen (für die Betroffenen) und der fachpolitischen Anwaltschaft (Netzwerke, Ligen der Freien Wohlfahrtspflege) sind um die sozialpolitische Anwaltschaft (agieren in der Zivilgesellschaft) zu erweitern.

Dem stimmte der Vorsitzende der Bundesarbeitsgemeinschaft Integration durch Arbeit, Diözesancaritasdirektor Heinz-Josef Kessmann aus Münster zu. Angesichts der "Ökonomisierung des Sozialen" müsse sich die Caritas "immer wieder neu fragen, ob das, was man tut, unter den aktuellen Bedingungen noch wirklich getan werden darf". Er betonte die neuen Leitlinien der Caritas für unternehmerischen Handeln, die als Eckpunkte "Ganzheitlichkeit, selbstbestimmte Teilhabe der Betroffenen, Caritas als lernende Organisation und die Verpflichtung zum 3. Weg" beinhalten. Ökonomisches Handeln bezeichnete Kessmann als "rationalen Umgang mit begrenzten Ressourcen und damit als normales, rationales Verhalten". Andererseits gerät aber der Zwang zum wirtschaftlichen Handeln immer deutlicher in Widerspruch zu den eigenen Grundsätzen. Für die Bundesarbeitsgemeinschaft Integration durch Arbeit ist es unverzichtbares Ziel, "Integration in unsere Gesellschaft durch Arbeit" für besonders Benachteiligte zu sichern.

Wagner und Kessmann nutzen das erste Martinsgespräch der DiAG IDA im Caritasverband für das Bistum Aachen, ein Bild der Caritas als "Sozialbewegung für Gerechtigkeit" zu entwerfen.

Deutlich wurde - so Gerold König vom Vorstand der DiAG IDA in seinem Schlusswort: Der Caritasspruch "Not sehen und handeln" hat angesichts der zunehmenden gesellschaftlichen Spaltungen zweifellos seine Berechtigung. Aber das Martinsgespräch hat deutlich gezeigt, dass es immer wieder notwendig ist, in gemeinsamer Reflexion das eigene Handeln und die gesellschaftliche Not kritisch zu analysieren. Wenn dies hilft, um Perspektiven für intelligente Verhandlungen und Ideen für innovative Lösungen und Wege zu finden, die einen Gewinn für alle bedeuten, dann hat das Martinsgespräch seinen Sinn erfüllt.

Nach zwei Stunden Information und Dialog konnten die Trägerverantwortlichen aus Vorständen, die Leitungsverantwortlichen aus Einrichtungen und die MitarbeiterInnen aus der Geschäftsstelle des Diözesan-Caritasverband Aachen in den Martinsabend entlassen werden. Nicht ohne zuvor eine Einladung auszusprechen: Mittwoch, 11. November 2009, 2. Martinsgespräch der DiAG IDA - Integration versus Exklusion?

Die Präsentation von Dr. Thomas Wagner finden Sie hier als PDF-Datei.